Friedhof

Friedhof

Immer wenn ich Geburtstag habe rennen alle auf die Friedhöfe. Fand‘ ich als Kind bizarr. Jetzt renn‘ ich selber. Also genauer gesagt, seit ich in Wien gelebt habe. Hans Moser, Theo Lingen, Curd Jürgens, Bruno Kreisky, Friedrich Torberg und der Qualtinger. Alle am vom Ambros besungenen Zentralfriedhof. Gleich in der Nähe am Alberner Hafen, der Friedhof der Namenlosen. Wasserleichen aus der Donau. Obdachlose ohne Familie. Dann hab ich den Berliner Friedhof in der Chausseestraße entdeckt. Da muss ich immer noch jedes Mal hin, wenn ich dort bin. Brecht und Helene Weigel. Fichte und Hegel. Heiner Müller. Hanns Eisler. Heinrich Mann. Geschichten und Geschichte ohne Ende. Und im beschaulichen München. Da findet man die spannenden Namen auf dem Bogenhausener Friedhof. Klein. Überschaubar. Erich Kästner, Rainer Werner Fassbinder und Liesl Karlstadt könnten sich quasi flüsternd unterhalten, so nahe sind sie nebeneinander beerdigt. Und mitten drin‘ Monti Lüftner. Der aus dem Steirischen Leoben stammende Gründer des Plattenlabels Ariola, der vor einigen Jahren tragisch  ums Leben kam. Bernd Eichinger neben Hans Knappertsbusch. Oskar Maria Graf neben Walter Sedlmayr. Man kann wunderbar in die Vergangenheit eintauchen, in Erinnerungen schwelgen, das Memento Mori zelebrieren und den Impuls mit nach Hause nehmen, mal wieder ein Oskar Maria Graf Buch oder Kästner Gedichte zu lesen. Dazu den Parsifal dirigiert von Knappertsbusch hören. Wolldecke über die Füße. Den November Rain ausgesperrt und ein Glas Yugum von Peter Dipoli aus Neumarkt in Südtirol in Griffweite. So geht Herbst!

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